Ausgabe 73
März 2024: mein Ende mit Joe Rogan, die Lage der Nation und selbstverständlich Dune Part II
Diese Ausgabe des Newsletters kommt verspätet und das tut mir leid.
Der Text über Dune Part 2 hat mehr Zeit in Anspruch genommen, als mir lieb war und der Text über Joe Rogan hat viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als mir lieb war.
Ob diese Zeit sinnvoll eingesetzt werden konnte, weiß ich nicht aber überzeugt euch gerne selbst.
g_trennt
Ich weiß nicht mehr, welche Folge der “Joe Rogan Experience” meine erste war.
Vielleicht #906 mit Henry Rollins?
Vielleicht #908 mit Leah Rimini oder #919 mit Neil DeGrasse Tyson?
Irgendwann damals im frühen 2017 muss es gewesen sein, dass mich die, nicht selten die 3 Stunden Marke reissenden, nonchalanten bis mit derbem Humor unterfütterten Gespräche des, den “Average Joe” (Otto Normalverbraucher) portraitierenden Podcast Hosts mit steigender Regelmäßigkeit begleiteten.
Die Liste illustrer Persönlichkeiten, die ich durch Rogan kennengelernt habe, ist lang und vielschichtig.
Der Psychonaut Dennis McKenna, der Comedian Bill Burr, der bereits erwähnte Astrophysiker Neil Degrasse Tyson, der Mykologe Paul Stamets und der „professionelle Skeptiker“ Michael Shermer sind nur exemplarische Beispiele.
Spricht man über die Joe Rogan Experience, wird die Kür des „namedropping“ ohnehin zur Pflicht.
John Stewart, Patton Oswalt, Tony Hawk, Rob Lowe, David Blaine, Edward Snowden, Brian Muraresku, Matthew McConaughey, Daryl Davis, Michael Pollan, Dan Akroyd, The Black Keys, Richard Dawkins, Josh Homme, Bernie Sanders, Maynard James Keenan, Bob Lazar, Jeremy Corbell, Sam Harris…
Allen wurde ein Forum geboten, ihre Geschichte zu erzählen oder einfach eine ungezwungene Zeit verleben zu können.
Aus einem solchen Reservoire gefühlter Wahrheiten zu schöpfen ist ebenso verführerisch wie trügerisch aber ich möchte behaupten, dass dies die goldene Zeit für JRE-Fans war, zu denen ich mich bedenkenlos bekannt hätte und habe, auch wenn ich in MMA Kämpfen nie mehr als eine präparierte und inszenierte Prügelei erkennen oder eine Faszination für die Jagd mit dem Bogen entwickeln konnte.
Die Tatsache, dem meistgehörten Podcast der Welt zu lauschen, tat dem Gefühl, einem kleinen, intimen Kreis anzugehören keinen Abbruch. Denn das hier war nicht massentauglich, wollte nicht massentauglich sein.
Es war sympatisch, spontan und ungeschliffen genug, um zu vergessen, dass “gegen den Mainstream” im Internet der Mainstream ist.
Und ja, auch Anhängern konservativer bis erzkonservativer Denkrichtung waren geladen und funktionierten in der lockeren „it’s not my job not to talk to people“ Atmosphäre erstaunlich gut.
Konnte man doch auf ein vehementes Intervenieren von Rogan vertrauen, wenn zb. Steven Crowder oder Candace Owens über die Stränge schlugen.
Dann kamen Corona und Spotify.
Der Streaminganbieter machte im Jahr 2020 das buchstäbliche 100 Millionen Dollar Angebot (welches zwischenzeitlich als doppelt so hoch eingeschätzt wurde) und die Joe Rogan Experience wurde zum “Exclusive”.
Und dann als am 31.12.2021 die Folge mit dem Virologen Robert Malone online ging, wurde es, mit aller zur Verfügung stehenden Toleranz gesagt, kompliziert.
Ich wollte nicht anerkennen, dass Joe in ein dermaßen entgrenztes Feld abgerutscht war.
Ich wollte nicht anerkennen, dass der meistgehörte Podcast der Welt, mit dem ich so viele, so unterhaltsame Stunden verbracht habe, in ein Spektrum geglitten ist, für das der damals aufkommende Begriff des “schwurbeln” eigentlich noch zu niedlich klang.
Und so legte ich eine Pause ein. Eine lange Pause.
Und als dann letzten Februar die Nachricht die Runde machte, Joe hätten einen neuen, diesmal 250 Millionen Dollar schweren Deal mit Spotify unterzeichnet, der ihm erlaubte, seine Exklusivität aufzugeben und wieder auf zb. Youtube und Apple Podcast veröffentlichen zu dürfen, da, so dachte ich, könnte ein Neuanfang gewagt werden.
Folge #2104 mit dem Podcaster Chris Williamson sollte für mich der Beginn der Erneuerung unserer parasozialen Freundschaft werden.
Nach nicht mal 60 Minuten brach ich ab.
Nicht weil die ewigen Wiederholung von Eisbädern, Elchfleisch oder Pfeil und Bogen Referenzen zum Klischee erstarrt waren.
Nicht weil fast sämtliche politischen Talkingpoints dem mittlerweile ausschließlich konservativ geladenen Milieu entstammten.
Sondern weil klar wurde, dass Rogan jetzt eine Agenda hatte.
Und zwar die Langweiligste.
Das globale „Wir-gegen-die“.
Internationale Konzerne beuten unter Zuhilfenahme der, zu Marionetten degradierten Regierungen die kleinen Leute aus, während die Massenmedien auf vielschichtige aber von ihm längst entlarvte Weise Falschinformationen verbreiten.
Und während man sich noch fragt, von welchem US amerikanischen Präsidentschaftskandidaten man das schon mal gehört hat, fasst Joe die „europäischen Bauernproteste“ als ein legitimes Aufbegehren gegen diese Strukturen zusammen.
Wie einfach die Welt doch sein kann.
g_hört (1)
Die Lage der Nation gehört zu den besten deutschen Podcasts, die man hören kann. Das sollte bekannt sein.
Mit Folge LdN369 (Steffen Mau ist zu Gast) haben sich Philip Banse und Ulf Buermeyer allerdings selbst übertroffen.
Unbedingte Empfehlung.
g_sehen
Dune Part 2 ist nach Oppenheimer und Barbie ein weiterer Beweis, dass Gevatter Kino eben doch nicht tot ist. Und nichts daran ist nicht gut.
Doch die, die sozialen Medien durchklingenden Lobeshymnen neigen zur maßlosen Übertreibung, was zugegebenermaßen Lobeshymnen so an sich haben.
Part 1 ist ohne jeden Zweifel ein Meisterwerk von epischer Breite, in dem Denis Villeneuve bildgewaltig eine atmosphärische Dichte inszeniert, die Ihresgleichen sucht.
Die 166 Minuten von Part 2 wirken hingegen durchweg gehetzt. Villeneuve verschlankt die mehrere Jahre umspannende Geschichte des ersten Buchs hier in weniger als 8 Monate und das wird leider deutlich. Örtlichkeiten verschwimmen und / oder wechseln nach Bedarf, die Entwicklungen der Charaktere sind sprunghaft, mitunter nicht nachvollziehbar und rutschen hin und wieder ins Klischee.
Darum hier ein paar Kritikpunkte, die zahlreiche !SPOILER! enthalten:
Stilgar, grimmiger Anführer der Fremen mit Worten karg wie die Wüste sprach in Part 1 nur, wenn es nicht anders ging, als gelte es, Atem und Flüssigkeit zu sparen.
Verliebt bis zur Verblödung in das, was er in Paul zu erkennen glaubt wird sein prophezeiungstreues Geschnatter zum gerne aufgegriffenen Treppenwitz und rückt den Film nah an „Das Leben des Brian“ heran.Der zahn- und haarlose Feyd Rauhta Harkonnen wird in stark kontrastiertem Schwarz Weiß vor Riefenstahl Kulisse als ein, dem Wahnsinn naher Meister der Kampfmesser vorgestellt, doch kämpft er anschließend nur noch einen Kampf und den verliert er.
Dem Reiten des heiligen Wurms begegnet der angehende Messias wohl vorbereitet und mit gebotener Ernsthaftigkeit.
Exakte Positionierung des Klopfers und seiner Selbst sind elementar, um diese finale Prüfung zu bestehen oder wenigstens überleben zu können.
Wenig später braust das ganze Volk der Fremen im Kollektiv auf diversen Würmern gen Süden und es wirkt zwar staubiger aber nicht gefährlicher als eine Zugfahrt von Aachen nach Hamm.
Zendaya soll die Rolle der Chanti „begeisternd verkörpert“ haben und ihre schauspielerischen Leistungen werden als „herausragend“ beschrieben.
Doch Chanti ragte nicht heraus, sie zog sich skeptisch mehr und mehr und zum Schluss sogar auf den Wurm zurück.
Herausragend war Zendaya nur auf den Plakaten. Dort war sie die Einzige ohne Nachnamen.
Nach der heiteren Wiedervereinigung sagt Gurney Halleck den alles entscheidenden Satz, der das Geschick des Krieges wenden und den Sieg greifbar machen soll.
„Paul, denk an die Familien-Atomraketen!“
Und Paul denkt an die Familien-Atomraketen und im nächsten Moment sind sie im Versteck der Familien-Atomraketen und dann haben sie die Familien-Atomraketen und bei Shai’Hulud den großen Wurm, sie werden sie einzusetzen wissen.
g_hört (2)
Zeitloser New York Jazz at it’s best.
Mehr muss nicht gesagt werden.